Wann kann man eine Gegendarstellung verlangen?

Mit der Gegendarstellung kann man sich ausschließlich gegen eine in der Presse oder den Medien aufgestellte Tatsachenbehauptung wehren. Hat ein Redakteur hingegen in einem Leitartikel lediglich seine persönliche Meinung geäußert, eine Wertung abgegeben oder in dem Artikel eine im Ergebnis offene Frage gestellt, dann kann man gegen diesen Vorgang nicht mit Hilfe einer Gegendarstellung vorgehen.

Gegendarstellung nur gegen Tatsachenbehauptung, nicht gegen Meinungsäußerung

Die Abgrenzung zwischen – angreifbarer – Tatsachenbehauptung und – grundsätzlich hinzunehmender – Meinungsäußerung ist im Einzelfall nicht immer einfach zu treffen. Die Juristen bedienen sich im Streitfall verschiedener Definitionen, um den Begriff der Tatsachenbehauptung näher einzugrenzen.

Danach hat bereits das Reichsgericht Tatsachen als „Sachverhalte, Begebenheiten, Vorgänge, Verhältnisse oder Zustände, die der Vergangenheit angehören“ definiert (RGSt 56, 231).

Der Bundesgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung den ebenfalls vom Reichsgericht bereits verfolgten Ansatz, dass Tatsachen – im Gegensatz zu bloßen Meinungsäußerungen – alles ist,was dem Beweis zugänglich ist (so z.B. BGH NJW 1963, 1153). Jegliche von der Presse aufgestellte Behauptung, die also mittels Zeugen, Urkunden, Sachverständige oder durch bloße Augenscheinnahme bewiesen werden kann, ist nach dieser Definition eine Tatsachenbehauptung und kann mit einer Gegendarstellung erwidert werden. Gegen bloße Meinungsäußerungen und Werturteile, die objektiv nicht überprüfbar sind, kann hingegen keine Gegendarstellung verlangt werden.

Wie eng eine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung neben einer nicht gegendarstellungsfähigen Meinungsäußerung liegen kann, mag beispielhaft ein im Jahr 2003 vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, 1 BvR 825/99) entschiedener Fall illustrieren:

In dem Fall hatte sich ein Verlagshaus vor dem höchsten deutschen Gericht gegen Urteile der Zivilgerichte gewehrt, wonach es zum Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtet sei. In der Sache ging es um eine von einem Bürgermeister erwirkte Gegendarstellung gegen einen Zeitungskommentar, der unter anderem folgenden Inhalt hatte:

„Bürgermeister S. tut nichts, um den türkischen Bürgern zu einem Spielort zu verhelfen, sondern verweist sie auf einen wenig genutzten Platz 20 Kilometer entfernt.“

Das Verfassungsgericht wies in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass die Behauptung, wonach der Bürgermeister „nichts tun“ würde, von den Zivilgerichten zutreffenderweise als gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung gewertet wurde. Eine bloße Meinungsäußerung wäre es nach Einschätzung des Verfassungsgerichts dem gegenüber gewesen, wenn die Zeitung dem Bürgermeister vorgeworfen hätte, er mache „zu wenig“ oder „nicht genug“.

In der Praxis besteht in Anbetracht einer nicht mehr überschaubaren Vielzahl von Urteilen zu der Frage der Abgrenzung von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung eine große Unsicherheit.

Berechtigtes Interesse an Gegendarstellung

Derjenige, der einen Anspruch auf eine Gegendarstellung geltend macht, muss ein berechtigtes Interesse an der Gegendarstellung haben. In § 56 RStV (Rundfunkstaatsvertrag) ist dieses Erfordernis wie folgt umschrieben:

„Anbieter von Telemedien … sind verpflichtet, unverzüglich eine Gegendarstellung der Person oder Stelle, die durch eine in ihrem Angebot aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist, ohne Kosten für den Betroffenen in ihr Angebot ohne zusätzliches Abrufentgelt aufzunehmen.“

Nicht jeder Leser einer Zeitung soll und kann das Recht haben, gegen eine ihm missliebige Tatsachenbehauptung einen Gegendarstellungsanspruch geltend zu machen. Die Tatsachenbehauptung muss ihn vielmehr „betreffen“, ihn in seiner eigenen Interessensphäre berühren.

Zeitliche Grenze für Gegendarstellung

Eine Gegendarstellung kann nicht zeitlich unbefristet geltend gemacht werden, soll sie doch dem Betroffenen dem Grunde nach eine unmittelbare und zeitnahe Reaktion auf eine ihn betreffende Presseäußerung ermöglichen.

Der Betroffene muss also nach Kenntnis der ihn betreffenden Tatsachenbehauptung unverzüglich den Abdruck einer Gegendarstellung verlangen. Wie lange sich ein Betroffener Zeit lassen kann, seinen Anspruch geltend zu machen, hängt unter anderem von der Erscheinungshäufigkeit des betroffenen Mediums ab. Bei einer täglich erscheinenden Tageszeitung wird dem Betroffenen von den Gerichten weniger Zeit zugebilligt als bei einem Monatsmagazin. Das OLG Hamburg hatte als Richtsatz früher den Grundsatz geprägt, dass der Betroffene binnen 14 Tagen nach Kenntnisnahme aktiv werden müsse. Einige Pressegesetze sehen vor, dass der Gegendarstellungsanspruch unverzüglich und jedenfalls nicht später als drei Monate nach der Veröffentlichung des fraglichen Presse-Beitrages geltend gemacht werden muss.